Trailer
»Ich hoffe, dass Geld, Coolness und Wettbewerb weniger wichtig in unserem Leben werden«
Maike Mia Höhne, künstlerische Leiterin des Kurzfilm Festivals Hamburg, im Gespräch mit Flóra Anna Buda
Flóra, was waren deine ersten Gedanken, als wir dir unser diesjähriges Motto mitteilten und dich für den Trailer anfragten?
Das Gefühl von Zusammengehörigkeit. Wie stark wir miteinander verknüpft sind – wie Atome in Molekülen, wie unsere Zellen in unseren Körpern, wie Teile des Universums oder die Bäume im Wald.
Für was steht bei dir das WIR? Auch bezogen auf deinen Arbeitsprozess?
Wenn ich über meine eigenen Geschichten nachdenke, finde ich sie gar nicht einzigartig. Aber trotzdem finde ich es wichtig, sie zu erzählen. Wir erleben eine Menge ähnlicher Gefühle und Momente im Leben, und es ist einfach schön, diese Momente in den Fokus zu rücken und darüber miteinander in Verbindung zu treten. Das bedeutet für mich WIR.
Ich bin Animationskünstlerin und arbeite viel im Team. Wenn ich an einem Film arbeite, dann ist das alles für mich: die Welt! Und wenn ich dann Menschen finde, mit denen ich zusammen arbeiten kann an dieser Welt, dann habe ich ebenfalls dieses Gefühl von Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit. Selten entsteht es allein, es wächst vielmehr aus den Herausforderungen, Kompromissen und Konflikten, mit denen wir in Arbeitsprozessen konfrontiert sind. Im Grunde ist es in solchen Zusammenhängen wie mit jeder anderen Form von Verbindung, die wir im Leben eingehen: Man muss seinen Instinkten vertrauen, seinem Verstand und seiner Bereitschaft, Dinge zu verstehen und sich darauf einzulassen.
Pink ist der Beginn des Lebens und pink ist sehr präsent im Fluss deiner Bilder. Zufall oder ein bewusster Verweis?
Ich suchte nach einer Farbe, die eine heitere Ausstrahlung hat und Liebe versprüht. Ich finde, Pink ist aufregend und lebendig und der perfekte Farbton für diese essentielle Botschaft.
Hast du Vorbilder und wenn ja, wen und warum?
Anaïs Nin, Rihanna, Niki de Saint Phalle und Miranda July. Das sind wirklich sehr inspirierende Frauen mit einzigartigen künstlerischen Identitäten. Sie haben keine Angst, anders zu sein, vielleicht auch verrückt zu sein, und verfügen jede über eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlicher Ansätze und Ausdrucksmittel. Sie experimentieren mit Genres und Medien und schaffen es gleichzeitig, menschlich zu bleiben. Sie stehen für wichtige gesellschaftliche Themen auf und sehen sich selbst und die Welt mit Humor.
Wie arbeitest du – analog oder digital? Wie ist dein Workflow?
Es ist immer etwas anders. Ich liebe die analoge Technik und verwende sie auch oft, vor allem wenn ich zeichne, manchmal auch zum Animieren. Oft aber, also richtig oft, muss ich schnell arbeiten, und in solchen Situationen sind Softwareprogramme nützliche Werkzeuge. Ich experimentiere einfach gerne digital, wie jetzt mit dem Trailer.
Am Anfang jeder neuen Arbeit steht eine Idee oder ein Konzept. Dann setzt regelmäßig eine große Verwirrung ein, ich bekomme Angst und denke,
jeder erkennt sowieso, dass ich nichts kann – das übliche Hochstapler-Syndrom. Ich beginne dann, mit der Software zu spielen, mit den Farben, Texturen, fange Feuer, und die Angst verwandelt sich in Begeisterung. Das geht so weit, dass mich ein ekstatisches Gefühl überkommt. Das liebe ich und dem jage ich nach. Dann gehe ich schlafen, wache auf, überprüfe, was ich gemacht habe – und: alles Quatsch! Der Unterschied zum Startpunkt des Projekts ist aber: Ich habe keine Angst mehr, mich wieder einzulassen, und so finde ich Schritt für Schritt die Teile, die funktionieren und Spaß machen.
Was sind deine Wünsche für die Zukunft?
Ich hoffe, dass wir einander wieder näher kommen und dass Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten ein größeres Verständnis füreinander aufbringen. Dass Geld, Coolness und Wettbewerb weniger wichtig in unserem Leben werden und wir es schaffen, uns mehr auf die Dinge zu konzentrieren, die uns verbinden, als auf jene, die uns trennen.