Fragile Spuren: Archive im Konflikt

Fragile Traces: Archives in Times of Conflict

Öffnungszeiten Ausstellung: 

Mi, 5. Juni - So, 9. Juni: ab11:00 Uhr

Der Sudan. Ein Land im Krieg. Eine Nation, die von großer Hoffnung während der gewaltlosen Revolution in große Hoffnungslosigkeit in der aktuellen Krise gestürzt wurde. Der Sudan – beim Kurzfilm Festival Hamburg im Fokus. 

Künstler:innen besitzen die Fähigkeit, historische Ereignisse und kulturelle Nuancen in visuelle, auditive und haptische Formen zu übersetzen. Im komplexen Geflecht von Geschichte, Politik und Kultur treten sie als Archivist:innen des kollektiven Gedächtnisses und oft auch der Oral History einer Nation hervor. In dieser Rolle als Archivar:innen hinterfragen Künstler:innen die herkömmlichen Vorstellungen von Geschichte und Erinnerung und erweitern den Geltungsbereich archivarischer Praktiken, um vielfältige Perspektiven, unerzählte Geschichten und marginalisierte Stimmen einzubeziehen. Sie verstärken Stimmen, die zum Schweigen gebracht wurden, beleuchten vergessene Geschichten und konfrontieren mit unbequemen Wahrheiten, die durch die Arbeit traditioneller Archive oft übersehen werden. Durch diese verschiedenen Ausdrucksformen erfassen Künstler:innen Narrative und bewahren Emotionen und Erfahrungen, die unser kulturelles Erbe prägen und spannen eine Brücke in die Zukunft. Geschichte wird in seiner Komplexität erlebbar. Der Widerspruch ist Teil des Ganzen. Erst durch den Widerspruch eröffnen sich neue Wege zum Verständnis der Geschichte. Damit regen sie zum Dialog, zur Reflexion und zum kritischen Umgang mit historischen Narrativen an. Manipulation, Revisionismus und Auslöschung sind Teil von Geschichte. Umso wichtiger ist es, dass die Geschichten der Vergangenheit lebendig, relevant und für alle zugänglich bleiben. Besonders in Zeiten politischer Instabilität und gewaltsamer Konflikte spielen Künstler:innen deswegen eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung von Geschichte(n).  Als Reaktion auf den Ausbruch des Krieges im April 2023 im Sudan haben viele Künstler:innen ihre Arbeit intensiviert, um die dramatische Situation zu dokumentieren und für die Zukunft zu sichern. Im Sudan selbst und später im Exil in Kairo, Katar, Nairobi oder Kampala nutzen sie diverse Medien, um auf sich und die gewaltsame Zerstörung aufmerksam zu machen, zu erklären, wie es dazu kommen konnte, oder Zukunftsperspektiven zu schaffen. Es sind fragile Spuren, denen die Künstler:innen mit ihren Arbeiten folgen. Sie greifen zurück auf ihre privaten Archive, auf Momentaufnahmen, auf das kollektive Gedächtnis, um uns als Zuschauenden einen Einblick zu geben in ein Land im Krieg. Fotografie spielt eine große Rolle in der Ausstellung. Mit dem Projekt »Postcards from Khartoum« haben die Fotografen André Lützen und Ala Kheir eine Plattform geschaffen, über die Momentaufnahmen aus Khartum, aus dem Sudan geteilt werden können. Ala Kheir, der die Situation vor Ort nach Ausbruch des Krieges dokumentiert hat, unterstützt nun aus dem Exil andere Fotograf:innen. Die Fotografin Metche Jaafar hat den friedlichen Widerstand der Zivilbevölkerung 2019 begleitet. Ihre Arbeit fängt das emotionale Gewicht des Aufstandes ein, ohne einen Anspruch auf Objektivität zu erheben. Es sind Bilder vom Leben, von Hoffnung und Solidarität. Rund Alarabi, Mitglied des Künstlerinnenkollektivs Locale, lädt die Besucher:innen ein, einen Auszug ihres persönlichen Fotoarchivs zu betrachten. In der Arbeit »Circa Now« verknüpft sie die Geschichte ihres Landes über die Bilder ihrer Familie mit der Gegenwart. Die filmische Arbeit »Suddenly TV« von Roopa Gogineni zeigt eine Gruppe junger Revolutionäre, die während eines Sitzstreiks einen imaginären Fernsehsender gründen und damit einer Vision eines neuen Sudan Ausdruck verleihen. Neben ihren individuellen künstlerischen Praxen beteiligen sich viele sudanesische Künstler:innen auch aktiv an institutionellen Archivierungsprojekten. Ein großes Projekt ist das vom Goethe-Institut Sudan initiierte SIKKA-Projekt. »Sikka« ist »der Weg« auf Arabisch. Eine in der Diaspora lebende Autor:innenschaft von Künstler:innen und Kulturschaffenden sammelten  Dokumente, Fotografien und Aufnahmen, die während der Revolution 2019 entstanden sind. Die Energie, die damals von der Straße ausging, die Kraft der Vielen, die Veränderung möglich gemacht hat, alles, was jetzt im Krieg begraben ist, hat so wenigstens einen Ort. Staatliche Kulturinstitutionen spielen im Sudan eine zentrale Rolle bei der Archivierung des nationalen Erbes. Das Nationalmuseum in Khartum beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Artefakten und Dokumenten, die die jahrtausendealte Geschichte des Landes widerspiegeln. Die nationale Rundfunk- und Fernsehanstalt verfügt über umfangreiche Ton- und Bildaufnahmen, die wichtige Ereignisse und Persönlichkeiten der sudanesischen Geschichte festhalten. Doch der Ausbruch des Krieges im April 2023 hat verheerende Folgen für diese staatlichen Archive gehabt. Viele Einrichtungen wurden gezielt angegriffen und zerstört, wodurch unersetzbare Kulturgüter unwiederbringlich verloren gingen. Auch private Sammlungen in Privathaushalten fielen den Kämpfen zum Opfer, als Soldaten Häuser plünderten und Familienerbstücke raubten. In dieser bedrohlichen Situation erweisen sich die in den letzten Jahren vorangetriebenen digitalen Archivierungsprojekte als wahrer Rettungsanker für das kulturelle Erbe des Sudan. Verschiedene private und institutionelle Initiativen konnten zumindest einen Teil der gefährdeten Materialien sichern, indem sie diese in digitaler Form erfassten und online zugänglich machten. Durch diese Bemühungen gelang es, wertvolle Zeugnisse der sudanesischen Vergangenheit und Gegenwart vor der Zerstörung zu bewahren. Durch ihre kreativen Praktiken, ihr Engagement in individuellen und institutionellen Projekten und ihre Zusammenarbeit mit staatlichen Kultureinrichtungen tragen Künstler:innen maßgeblich dazu bei, die vielfältigen Narrative und Traditionen des Sudan für zukünftige Generationen zu sichern. Gerade angesichts der  Zerstörung durch den aktuellen Krieg erweisen sich diese Bemühungen als unschätzbar wertvoll, um das reiche Erbe des Landes zu bewahren und seine Identität auch in Zeiten des Konflikts lebendig zu halten.

Kuratorinnen: Qutouf Elobaid (Locale SD), Larissa-Diana Fuhrmann und Maike Mia Höhne


Opening Hours Exhibition: Wed, June 5 - Sun, June 9: From 11 am till late

Sudan. A country at war. A nation where hopes ran high during a peaceful revolution, only to be dashed and give way to great hopelessness in the current crisis. Sudan – in focus at Kurzfilm Festival Hamburg. 

Artists possess the ability to translate historical events and cultural nuances into visual, auditive and haptic forms. In the complex nexus of history, politics and culture, they come to the fore as archivists of collective memory and often also of the oral history of a nation. In this role as record-keepers, artists challenge the conventional notions of history and memory and extend the purview of archival practices to incorporate diverse perspectives, untold stories and marginalised voices. They amplify voices that have been silenced, illuminate forgotten stories and confront with uncomfortable truths that are often overlooked by the work of traditional archives. Through these various forms of expression, artists record narratives and conserve emotions and experiences that shape our cultural heritage and build a bridge to the future. History becomes accessible to experience, in all its complexity. The contradiction is part of the whole. Indeed, it is the contradiction that serves as a catalyst for opening new ways of understanding history. In this way, artists encourage dialogue, reflection and a critical approach to historical narratives. Manipulation, revisionism and erasure are part of history. That is why it is all the more important that the stories of the past remain alive, relevant and accessible to all. For this reason, it is especially in times of political instability and violent conflict that artists play a decisive role in the preservation of history and stories. As a reaction to the outbreak of war in Sudan in April 2023, many artists intensified their work, in order to document the dramatic situation and preserve it for the future. Inside Sudan itself and later in exile in Cairo, Qatar, Nairobi or Kampala, they use diverse media to call attention to themselves and the violent destruction, to explain how it could come to all this, or to create perspectives for the future. These are fragile traces that the artists follow in their works. They reach back to draw on their private archives, on snapshots, on collective memory, to give us, as onlookers, insight into a country at war. Photography plays a major role in the exhibition. With the project »Postcards from Khartoum«, photographers André Lützen and Ala Kheir have created a platform that makes it possible to share snapshots from Khartoum, from Sudan. Ala Kheir, who documented the situation locally following the outbreak of the war, now supports other photographers from exile. Photographer Metche Jaafar followed the peaceful resistance of the civilian population in 2019. Her work captures the emotional weight of the uprising, without making any claim to objectivity. These are images of life, of hope and solidarity. Rund Alarabi, a member of the artist collective Locale, invites exhibition attendees to view an excerpt from her personal photo archive. In her work »Circa Now«, she connects the history of her country with the present via images of her family. The film-based work »Suddenly TV« by Roopa Gogineni depicts a group of young revolutionaries founding an imaginary TV station during a sit-down strike, giving expression to a vision of a new Sudan. In addition to their individual artistic practices, many Sudanese artists are also actively involved in institutional archiving projects. One major example is the SIKKA project, initiated by the Goethe-Institut Sudan. »Sikka« means »the path« in Arabic. A group of authors living in the diaspora, composed of artists and cultural workers, gathered documents, photographs and recordings made during the revolution of 2019. The energy emanating from the street at the time, the power of the many that made change possible, everything now buried in the war now at least has a place of its own. State cultural institutions play a central role in Sudan in the archiving of national heritage. The National Museum in Khartoum is home to an impressive collection of artifacts and documents that reflect the millennia-old history of the country. The national radio and television broadcasting companies possess extensive sound and image recordings that capture important events and personalities in Sudanese history. The outbreak of war in April 2023 has had disastrous consequences for these state archives. Many facilities were specifically targeted for attack and destroyed, leading to the irretrievable loss of irreplaceable cultural artifacts. Private collections in private households also fell victim to the fighting, as soldiers plundered residences and robbed family heirlooms. In this threatening situation, the digital archiving projects advanced in recent years are proving to be real lifelines for the cultural heritage of Sudan. Various private and institutional initiatives have at least been able to secure a portion of the endangered materials, by capturing them in digital form and making them accessible online. These efforts have succeeded in rescuing valuable testaments to Sudan's past and present from destruction. Through their creative practices, their involvement in individual and institutional projects and their co-operation with state-run cultural institutions, artists contribute significantly to safeguarding the diverse narratives and traditions of Sudan for future generations. In particular in light of the destruction wrought by the current war, these efforts have proven themselves to be inestimably valuable in preserving the country's rich heritage and keeping its identity alive in times of conflict as well.

Curated by Qutouf Elobaid (Locale SD), Larissa-Diana Fuhrmann and Maike Mia Höhne.


Circa Now
2023 |

Circa Now
2023 |

Rund Alarabi | 2023 | Photography on Alu-Dibond

In »Circa Now« verwendet Rund Alarabi ihr persönliches Fotoarchiv, um mit Hilfe einer Schichtungstechnik, die die bestehenden Grenzen der einzelnen Bilder bewusst verwischt, Collagen zusammenzustellen und Überschneidungen und Dialoge zwischen den verschiedenen Szenen zu finden, die auf den Bildern festgehalten sind. Es wird nicht geschnitten, und die Originalfotos werden in keiner Weise verändert. Sie zeigen Straßenszenen, Landschaften, häusliche Räume und Fabriken – einige Orte gibt es nicht mehr – und bilden eine Welt, die sofort erkennbar ist und einen persönlichen Bezug hat. Doch die Manipulation der räumlichen Logik erlaubt es der Künstlerin, diese in imaginäre Gebiete auszudehnen. Was in einer Szene vertraut erscheint, wird in der nächsten zu einer fantastischen Erweiterung. Diese Collagen fügen eine Geschichte zusammen, die sowohl die eigene der Künstlerin ist als auch eine umfassendere Erzählung, die die kollektive Identität und das Unheimliche in den vertrauten familiären Fotolandschaften neu interpretiert.

Rund Alarabi ist eine sudanesische Künstlerin und Forscherin. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in französischer Sprache und Linguistik von der Universität Khartum, Sudan, und absolviert derzeit ein Aufbaustudium an der Städelschule in Frankfurt/Main. 2016 war sie Mitbegründerin von Locale, einer sudanesischen, von Frauen geführten Plattform, die das Ziel hat, das einheimische kreative Schaffen zu entwickeln und zu unterstützen.

Rund Alarabi | 2023 | Photography on Alu-Dibond

In »Circa Now«, Rund Alarabi uses her personal archive of photographs to compose collages using a layering technique that deliberately blurs the existing borders of the individual images, and to find intersections and dialogues between the different scenes captured in them. No cutting is involved, and the original photographs are not altered in any way. They include street scenes, landscapes, domestic spaces, and factories – some places no longer extant – building a world that is instantly recognisable and personally resonant. Yet her manipulation of spatial logic allows the artist to extend it into imagined territories, and what is familiar in one scene becomes a fantastical extension in the next. These collages piece together a history that is both the artist’s own and a broader narrative that reinterprets collective identity and the uncanny in the familiar familial photographic landscapes.

Rund Alarabi  is a Sudanese artist and researcher. She has a BA in French language and linguistics from the University of Khartoum, Sudan, and she currently is doing her graduate studies at the Städelschule in Frankfurt am Main, Germany. In 2016 she co-founded Locale, a Sudanese female-led platform that aims to develop and support the homegrown creative effort. 



Andere: Other: Rund Alarabi

Postcards from Khartoum

Postcards from Khartoum

Initiiert und kuratiert von André Lützen und Ala Kheir

2023 | 2-Kanal-Installation ohne Sound 

Im April 2023 eskalierte in der Hauptstadt Khartum ein lange schwelender Konflikt zwischen dem sudanesischen Militär und der paramilitärischen Gruppe der Rapid Support Forces (RSF), der sich schnell auf weitere Gebiete des Sudan ausgebreitet hat. Aufgrund der seitdem andauernden Kämpfe sind Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht oder aber sie sind in die Nachbarländer Tschad, Ägypten und Südsudan geflohen. 

Der Hamburger Fotograf André Lützen und der sudanesische Fotograf Ala Kheir, der selber aus Khartum fliehen musste, haben befreundete Fotograf:innen angeregt und aufgefordert, Bilder ihres Alltags in Khartum beziehungsweise von ihrer Flucht zu machen, um diese auf einer Website sowie einem eigens dafür eingerichteten Instagram-Account zu veröffentlichen. Die Idee dahinter ist, dass es zu Beginn des Konflikts, und genaugenommen auch heute noch, nur wenige Bilder von diesem Konflikt gibt, und so gut wie keine, die die Situation der Menschen dokumentiert. Daher ging es nie darum, journalistische Kriegsfotos zu zeigen, sondern sehr persönliche Bilder des derzeitigen Lebens der Menschen in dieser Gefahrenzone. Seit Start der »Postcards of Khartoum« vor einem Jahr haben 24 sudanesische Fotograf:innen an diesem visuellen Tagebuch mitgewirkt.  

Fotografien und Texte von Ola Alsheikh, Ahmed Nogoud, Ahmed Khirelsid, Ala Kheir, Abd Almohimen Sayed, Ahmed Mansour, Faiz Abubakr, Arwa Ahmed, Awab Almisbah, Jubi, Siddig Ahmed, Saad Eltinay, Hashim Nasr, Khalid Alarabi, Moe Babiker, Mosab Abushama, Israa Alrrayah, Amar Mola, Kendrek Ammar, Mohamed Abdo, Suha Barakat, Mogtaba Kanary, Bilal Ayoubi und Islam Bushra

Ala Kheir ist ein sudanesischer Fotograf aus Khartoum und lebt momentan in UAE. Kheir leitet The Other Vision (TOV), eine Fotografie-Plattform, die sich auf die Aus- und Weiterbildung von Fotografen im Sudan konzentriert, durch die er junge Fotografen unterstützt und sudanesische Künstler mit dem Rest des Kontinents verbindet.

André Lützen studierte Visuelle Kommunikation an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und am International Center of Photography in New York. Seine Bilder und Arbeiten sind vielfach ausgestellt und in mehreren Monographien veröffentlicht worden: Generation Boul Fale (2001), Loch im Kopf (2005), Before Elvis there was nothing (2008), Public Private Hanoi (2010), Zhili Byli (2014), Inside Out Kochi (2015), Up River Book (2018) and Khartoum (2023).


Initiiert und kuratiert von André Lützen und Ala Kheir

2023 | 2-Kanal-Installation ohne Sound

April 2023, a long-simmering conflict between the Sudanese military and the paramilitary group Rapid Support Forces (RSF) escalated in the capital Khartoum and quickly spread to other areas of Sudan. As a result of the ongoing fighting, millions of people have fled within the country or to the neighboring countries of Chad, Egypt and South Sudan. Hamburg-based photographer André Lützen and Sudanese photographer Ala Kheir, who himself had to flee Khartoum, encouraged and asked photographer friends to take pictures of their everyday lives in Khartoum and of their escape, respectively, in order to publish them on a website and an Instagram account set up especially for this purpose. The idea behind it is that at the beginning of the conflict, and in fact still today, there are only a few pictures of this conflict and virtually none that document the situation of the people. Therefore, it was never about showing journalistic war photos, but very personal images of the current life of the people in this danger zone. Since the launch of »Postcards of Khartoum« a year ago, 24 Sudanese photographers have contributed to this visual diary.  

Photographs and texts by von Ola Alsheikh, Ahmed Nogoud, Ahmed Khirelsid, Ala Kheir, Abd Almohimen Sayed, Ahmed Mansour, Faiz Abubakr, Arwa Ahmed, Awab Almisbah, Jubi, Siddig Ahmed, Saad Eltinay, Hashim Nasr, Khalid Alarabi, Moe Babiker, Mosab Abushama, Israa Alrrayah, Amar Mola, Kendrek Ammar, Mohamed Abdo, Suha Barakat, Mogtaba Kanary, Bilal Ayoubi and Islam Bushra

Instagram: Postcards from Khartoum

Ala Kheir is a Sudanese photographer from Khartoum, currently based in the UAE. Kheir runs The Other Vision (TOV), a photography platform that focuses on the education and training of photographers in Sudan, through which he supports young photographers and connects Sudanese artists with the rest of the continent.

André Lützen studied Visual Communication at the University of Fine Arts Hamburg and at the International Center of Photography in New York. His pictures and works have been exhibited many times and published in several monographs: Generation Boul Fale (2001), Hole in the Head (2005), Before Elvis there was nothing (2008), Public Private Hanoi (2010), Zhili Byli (2014), Inside Out Kochi (2015), Up River Book (2018) and Khartoum (2023). 



SIKKA

SIKKA

2022, Mixed-Media Installation

SIKKA ist das arabische Wort für Straße oder Reise. Für uns ist SIKKA die Reise, auf die wir uns begeben, um die ikonischen Momente, Kunst, Literatur und Gedanken der sudanesischen Revolution zu dokumentieren und zu bewahren. Das Archiv SIKKA als »shared place«, als interaktive Plattform spiegelt einerseits die pluralistische Öffentlichkeit wider und macht sie andererseits zugänglich. Es lädt die Menschen ein, zu dieser Reise beizutragen. In Zeiten von Konflikten, Gewalt und Machtkämpfen ist SIKKA ein Archiv der Revolution, der sudanesischen Jugend, ihres Bestrebens und ihres Kampfes.

SIKKA besteht aus zehn Mitgliedern, die ihre Arbeit im Sudan im Jahr 2022 aufgenommen haben und nun aufgrund des anhaltenden Konflikts auf fünf Länder verteilt sind. Alle Teammitglieder haben den Sitzstreik 2019 aus erster Hand miterlebt und waren an den Ereignissen beteiligt. Sie tragen zu dieser Plattform nicht nur durch ihr journalistisches Fachwissen bei, sondern auch durch ihre persönlichen Erfahrungen als Teil der sudanesischen Revolution und als Zeug:innen der dramatischen Konsequenzen. Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Sitzstreiks und dem Ausschluss der zivilen politischen Fraktion aus der Übergangsregierung machte die Genehmigung des Projekts SIKKA im Jahr 2022 Hoffnung und motivierte das Redaktionsteam in seinem ständigen Kampf für eine pluralistische und zivilgesellschaftliche Gesellschaft.

SIKKA-Team 2022: 

Mohamed Munaf (Doha, Qatar), Mujahid Eldouma (Doha, Qatar), Hassan Adil (Dubai, UAE), Alsadig Yaseen (Kampala, Uganda), Fatma Altigany (Ajman, UAE), Mamoun Eltlib (Zanzibar), Nashwa Siraj Eldin Bardab (Ajman, UAE), Samah Hassan Magbool Mohamed (Sharjah, UAE), Mohamed Ismail Mohamed (Teyor) (Uganda, Kampala), Basel Hassan (Riyadh, Saudia Arabia)

SIKKA ist Teil des Projekts »NEXT LEVEL Media Labs« des Goethe-Instituts Sudan und wird vom Auswärtigen Amt unterstützt.


SIKKA is the Arabic word for road or journey. To us, SIKKA is the journey we are embarking on documenting and immortalizing the iconic moments, arts, literature, and thoughts of the Sudanese revolution. The archive SIKKA as a “shared place”, as an interactive platform reflects on the one hand the pluralistic public and makes it on the other hand accessible. It invites people to contribute to this journey. In times of conflict, atrocities, and power struggle, SIKKA is an archive of the revolution, of the Sudanese youth, their ambition, and their struggle.

SIKKAconsists of ten members, who started working together in Sudan in 2022 and are now  due to ongoing conflict in Sudan they are spread in five countries. All team members witnessed the 2019 sit-in firsthand and have been involved in the unfolding events. They contribute to this platform not only through their journalistic expertise, but also through their individual experience being part of the Sudanese revolution and witnessing the dramatic aftermath. After the violent crackdown of the sit-in, the removal of the civil political fraction from the transitional government, the approval of the project SIKKA in 2022 gave hope and motivated the editorial team in their continuous struggle to be part of a pluralistic and civil based society.

SIKKA-Team 2022: 

Mohamed Munaf (Doha, Qatar), Mujahid Eldouma (Doha, Qatar), Hassan Adil (Dubai, UAE), Alsadig Yaseen (Kampala, Uganda), Fatma Altigany (Ajman, UAE), Mamoun Eltlib (Zanzibar), Nashwa Siraj Eldin Bardab (Ajman, UAE), Samah Hassan Magbool Mohamed (Sharjah, UAE), Mohamed Ismail Mohamed (Teyor) (Uganda, Kampala), Basel Hassan (Riyadh, Saudia Arabia)


SIKKA is part of the project »NEXT LEVEL Media Labs« by the Goethe-Institut Sudan and supported by the German Federal Foreign Office.


Suddenly TV
Sudan, Katar 2022 | 18:41 | Arabisch

Suddenly TV
Sudan, Qatar 2022 | 18:41 | Arabic

Roopa Gogineni | Single-channel Video | Qatar, Sudan | 2022 | 19‘00

Im Mai 2019 reiste ich in den Sudan, kurz nachdem Präsident Omar al Bashir nach 30 Jahren an der Macht gestürzt worden war. Das Militär weigerte sich, die Kontrolle an eine zivile Regierung zu übergeben, und Protestierende strömten aus dem ganzen Land nach Khartum. Sie besetzten das Militärhauptquartier und errichteten Zelte und Barrikaden. An den Wänden von Ministerien wurden Wandgemälde angebracht, in Kreisverkehren wurden Theaterstücke aufgeführt, und Fotos von den Kriegen in Darfur und in den Nuba-Bergen wurden projiziert, damit alle sie sehen konnten. Inmitten dieser Ereignisse traf ich das Team von Suddenly TV. Die Jungen kamen aus der östlichen Stadt Gedaref, wo Proteste mit brutaler Gewalt beantwortet worden waren. Einige ihrer Freunde waren getötet worden, und sie kampierten, um Gerechtigkeit zu fordern. Da sie nichts anderes kannten als die staatlich gelenkte Propaganda im Fernsehen, inszenierten sie als umherziehendes Nachrichtenteam eine alternative Realität. Nach zwei Monaten wurde diese beispiellose Versammlung von den schnellen Eingreiftruppen brutal angegriffen. Sie massakrierten über 100 Menschen und vergewaltigten unzählige andere. Obwohl das Sit-in nur kurz war, vereinte es sudanesische Gemeinschaften, die das Regime jahrzehntelang gewaltsam gespalten hatte. Die Netzwerke, Taktiken und Ideen, die aus dem Sitzstreik hervorgingen, sind auch vier Jahre später noch der Motor der Revolution. Als Filmemacherin arbeite ich seit über einem Jahrzehnt in Solidarität mit Gemeinschaften des Widerstands. Mein Ansatz ist notwendigerweise kollaborativ und langfristig und stellt die vorherrschenden Sichtweisen in Frage. Ich arbeite oft an Orten, an denen es keine Pressefreiheit gibt, und in diesen Kontexten fühle ich mich von der transformativen Kraft der Kunst und des Geschichtenerzählens angezogen. Mein letzter Kurzfilm I am Bisha folgte einem revolutionären Puppentheater im von Rebellen gehaltenen Sudan. Zusammen mit meinen sudanesischen Kolleg:innen, die an »Suddenly TV« mitgewirkt haben, freuen wir uns darauf, diese revolutionäre Sendung zu präsentieren, die hoffentlich weit über den Sudan hinaus Menschen und Orte anspricht.

Roopa Gogineni ist eine Fotografin und Filmemacherin aus West Virginia und lebt zur Zeit zwischen Paris und Atlanta. Ein Jahrzehnt lang wohnte sie in Nairobi und arbeitete von dort aus mit Gemeinschaften des Widerstands in der ganzen Region zusammen. Sie führte Regie bei Reality-Fernsehsendungen in Somalia, dokumentierte revolutionäres Theater im Sudan und zeichnete die Reise von Mau-Mau-Veteran:innen auf, die die britische Regierung wegen Misshandlungen zur Kolonialzeit in Kenia verklagten. Für ihre Arbeit bekam sie mehrere Preise und erhielt Stipendien. Suddenly TV wurde 2023 mit dem SXSW Special Jury Award und dem 2023 IndieLisboa Short Film Grand Prize ausgezeichnet. Gogineni ist Mitglied von Brown Girls Doc Mafia, Diversify Photo, Women Photograph und The Authority Collective und unterrichtet an der Kunst- und Designschule Parsons Paris. 


In May of 2019, I traveled to Sudan just after President Omar al Bashir had been ousted after thirty years in power. The military was refusing to hand over control to a civilian government and protestors streamed into Khartoum from around the country. They occupied the military headquarters, setting up tents and barricades. Murals went up on ministry walls, plays were performed in roundabouts, photographs of the wars in Darfur and Nuba Mountains were projected for all to acknowledge. Amidst this, I met the Suddenly TV crew. The boys came from the eastern city of Gadarif where protests had been met with brutal violence. Some of their friends had been killed and they were camping out to demand justice. Having known nothing other than state-sponsored propaganda on TV, they performed an alternate reality as a roaming news crew. After two months, this unprecedented gathering was brutally attacked by the Rapid Support Forces. They massacred over 100 people and raped countless others. Though its existence was brief and fated, the sit-in united Sudanese communities the regime had spent decades violently dividing. The networks, tactics and ideas that emerged from the sit-in continue to fuel the revolution four years later. As a filmmaker, I have worked in solidarity with communities of resistance for over a decade. My approach is necessarily collaborative, long-term, and challenges dominant ways of seeing. I often work in places without press freedom and in these contexts I am drawn to the transformative power of art and storytelling. My last short film, “I am Bisha,” followed a revolutionary puppet show in rebel-held Sudan. Alongside my Sudanese colleagues who helped make »Suddenly TV« we look forward to sharing this revolutionary dispatch, one we hope speaks to people and places far beyond Sudan.

Roopa Gogineni is a photographer and filmmaker from West Virginia, now based between Paris and Atlanta. For a decade she lived in Nairobi where she developed a practice rooted in co-creation, working alongside communities of resistance across the region. She directed reality television in Somalia, documented revolutionary theater in Sudan, and chronicled the journey of Mau Mau veterans suing the UK government for colonial-era abuses in Kenya. Suddenly TV earned the 2023 SXSW Special Jury Award and the 2023 IndieLisboa Short Film Grand Prize. Roopa Gogineni  is a member of Brown Girls Doc Mafia, Diversify Photo, Women Photograph, and The Authority Collective and teaches at Parsons Paris.

This is Not a False Alarm

This is Not a False Alarm

Metche Jaafar | 2019 | Photography on Fabric

Der Dezemberaufstand am 16. Dezember ereignete sich in einer Situation der Desillusionierung und Verzweiflung und gab neue Hoffnung, nachdem der Effekt früherer Aufstände wegen der Nicht-Beachtung durch die Medien nachgelassen hatte. Die hier gezeigten Bilder bieten eine subjektive visuelle Darstellung der Ereignisse, die keinerlei Anspruch auf Objektivität erhebt und das emotionale Gewicht des Aufstandes einfängt. Sie dienen als wichtige Dokumentation der Geschichte unseres Landes, ähnlich wie ein visuelles Tagebuch. Bei früheren Erhebungen hat die Betonung von Bildern gegenüber dem Inhalt der Proteste einen beunruhigenden Trend fortgesetzt, der heute durch die Verbreitung von Gewaltbildern in den Medien noch verstärkt wird. Ich erkannte das Potenzial solcher Bilder zu desensibilisieren und von der Teilnahme abzuschrecken, und wollte dem entgegenwirken, indem ich Bilder von Leben, Hoffnung und Solidarität innerhalb einer vielfältigen Gemeinschaft zeigte. Ich wollte die Werte bekräftigen, die diese Revolution ausgelöst haben, und eine visuelle Erinnerung an die Ereignisse bewahren, die unseren Widerstand gegen die Diktatur in Gang gesetzt haben. Mir ging es darum, dass sich die Betrachter mit diesen monochromen Bildern auseinandersetzen und ihre Farben auf die Szenen projizieren, um sie zum Nachdenken über ihr persönliches Engagement und die möglichen Folgen von Untätigkeit anzuregen. Ich wollte, dass sie über die drohende Gewalt und ihre Auswirkungen auf Einzelne und Gemeinschaften nachdenken, um Empathie und Selbstreflexion zu fördern. Für uns, die wir direkt beteiligt waren, waren die Proteste ein zutiefst persönlicher Schrei nach Veränderung, der von unseren Häusern, unseren Angehörigen und zahllosen anderen Menschen ausging, die sich solidarisch zeigten und eine bessere Zukunft für kommende Generationen forderten.

Metche Jaafar ist in Khartum, Sudan, geboren und aufgewachsen und arbeitet als Architektin, bildende Künstlerin und Geschichtenerzählerin. Ihre Leidenschaft gilt dem Schnittfeld zwischen Folklore, Kunst und Kultur. Inspiriert von renommierten Fotografen wie Mary Ellen Mark und anderen, entwickelte Metche eine tiefe Affinität zu Fotojournalismus und Dokumentarfotografie und konzentriert sich darauf, Geschichten rund um soziale, politische und frauenpolitische Themen einzufangen.


Since the December uprising on the 16th, hope was rekindled amidst a backdrop of disillusionment and despair following the waning impact of previous uprisings due to media neglect. The images presented here offer a subjective visual narrative of the events, devoid of any claims to objectivity, capturing the emotional weight of the uprising. They serve as a vital documentation of our nation's history, akin to a visual diary. In previous uprisings, the emphasis on images over the substance of the protests perpetuated a troubling trend, amplified today by the prevalence of violent imagery in the media. Recognizing the potential of such imagery to desensitize and dissuade participation, I aimed to counter this narrative by showcasing images of life, hope, and solidarity within a diverse community. I intended to reinforce the values that ignited this revolution and preserve a visual memory of the events that galvanized our stance against dictatorship. I wanted viewers to engage with these monochrome images, projecting their colors onto the scenes, prompting reflections on personal involvement and the potential repercussions of inaction. I wanted them to contemplate the imminent violence and its impact on individuals and communities, fostering empathy and introspection. For us directly involved, the protests represented a deeply personal outcry for change emanating from our homes, our loved ones, and countless others standing in solidarity, demanding a better future for generations to come.

Metche Jaafar was born and raised in Khartoum, Sudan, and works as an architect, visual artist and storyteller. She is passionate about the intersection between folklore, art and culture. Inspired by renowned photographers such as Mary Ellen Mark and others, Metche developed a deep affinity for photojournalism and documentary photography and focuses on capturing stories around social, political and women's issues.


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